Wie Kultur uns wissend und dadurch notwendig auch blind macht

In seinem Buch „Rückblick auf die Natur“ (München 1997) analysiert Rolf Peter Sieferle unter anderem die tiefgreifende Transformation von Jäger- und Sammlergesellschaften zu agrarisch basierten Zivilisationen, betont die Rolle der Entstehung und Verfestigung von Traditionen durch wiederholte Kommunikation und untersucht die daraus resultierenden sozialen, kulturellen und machtstrukturellen Wandlungen.

Mode & need

Das unverstandene mode-need-Schema in Dramaturgie verwechselt oft die Rolle von Neigung und Zweck, wobei echte Erzählkraft entsteht, wenn eine krasse Neigung einen klugen Zweck überwindet.

Xenophon HELLENIKA

Es war in der Nacht, als das schnelle und leichte Schiff, das für Aufklärungs- und Kurierdienste eingesetzt wurde, mit der Nachricht von der Katastrophe in Athen ankam, und ein Klagelaut drang vom Piräus durch die langen Mauern in die Stadt, wobei ein Mann die Nachricht dem anderen überbrachte. In dieser Nacht schlief niemand, alle trauerten,…

Die Blaue Blume des Sex

Wir können uns nicht durch Teilung vermehren, sind daher verkürzt. Wenn wir Klone absondern könnten, würden wir ewig leben. Hingegen kommen wir dadurch zur Welt, dass zwei Erbgutträger aus diversen Quellen sich vereinen. Diese müssen notwendig rudimentär – sterblich – sein, sonst wäre die Fusion ihrer Beiträge überflüssig. Darin besteht das Wesen des Geschlechts (engl….

Demokratie muss man sich leisten können

Athen lebte von Abgaben (oder „Schutzgeldern“) aus den Mitgliedsstaaten des Delischen Seebundes (NATO der Antike), dazu kamen Einkommen aus Bergbau, Handel, Übersee-Immobilien und Gewerbe. Gegen 431 v. Chr. befanden sich 6.000 Talente in den Schatzkammern der Akropolis, die ca. 36 Mio. Mann-Tagen an Arbeit entsprachen oder 100 Drachmen pro Bewohner, genug, um 6.000 Schiffe zu…

Der peloponnesische Krieg

Die Korinther stacheln die Spartaner gegen die Athener auf I/70 Wir glauben geradezu, dass es unser Recht ist, unsere Nachbarn zu kritisieren, denn für uns steht so viel auf dem Spiel. Doch es sieht so aus, als ob ihr das nicht seht und euch überhaupt nicht bewusst seid, wie andersartig diese Athener sind, gegen die…

Moral fordert heraus und erfüllt nicht

Tugendhaftes Handeln ist nach Kant nicht daran zu erkennen, dass es Vergnügen bereitet. Das Gegenteil ist der Fall. Jeder moralische Elan ist daher abzuklopfen auf die Begeisterung, die ihn verunreinigt. Echtes moralisches Handeln besiegt wie Leistungssport oder Fasten innere Widerstände.

Frankreich – Deutschland – Russland

Russland wird im Moment von den Staaten der Ersten Welt (G7) betrachtet wie Deutschland von Frankreich z. B. während des 30jährigen Krieges: als zu großer Nachbar, der besser zerschlagen wird. Es brauchte zwei Weltkriege für Frankreich, um zu sehen, dass Deutschland sich schließlich nicht zerschlagen lässt und ein Überleben nur möglich ist durch ein gegenseitiges…

Was uns in Haus steht …

Vorauszusehen sind für die USA und Europa ca. 10 Jahre Stagflation, während denen durch zunehmende Effizienz die akute Energienachfrage zerstört und mit bescheidener Unterstützung durch neue Technologien den Energiemärkten eine neue Beständigkeit gegeben wird

Habermas zu dem Ukraine-Krieg und seinen Folgen

In einem Gastbeitrag für die »Süddeutsche Zeitung« hat der Philosoph und Soziologe Jürgen Habermas sich zur Diskussion um die deutsche Reaktion auf den russischen Angriffskrieg in der Ukraine geäußert.

Habermas arbeitet heraus, wie die jüngere Generation im Westen keine militärischen Begriffe mehr kennt und daher auf das Geschehen juristisch reagiert, wofür es nur eine vorgestellte, aber keine wirkliche Grundlage gibt.

Am fruchtbarsten fand ich Habermas Bild der Ukraine als Teenager im Vergleich zum „erwachseneren“ Europa. In der Begeisterung für die Sache der Ukraine schwelt, wenn sie z. B. aus Deutschland kommt, immer auch etwas „Berufsjugendliches“, also mehr das eigene Alter und dessen Pflichten Verwerfende. Habermas plädiert stattdessen für eine Unterstützung der Ukraine, die von gegenseitigem Respekt und Wissen um das Alter geprägt ist, welches das eigene Werden erreicht hat.

Habermas meint, dass der Westen, also auch die westlichen Jugendlichen, „alt“ in dem Sinne vor „weiter entwickelt“ sind, indem sie die Welt in juristischen Kategorien deuten — während die Ukrainer, also auch die ukrainischen Großväter, „jung“ sind in dem Sinne von „noch am Anfang stehend“, indem sie Welt in militärischen Kategorien deuten. Das bürokratischere Gemüt des Westens sehnt sich nach der verlorenen Unmittelbarkeit der Entstehung seiner Voraussetzungen und beutet so den Freiheitskampf der Ukraine für seine eigenen Träume aus.

Die Ukraine hat keine Möglichkeit, im eigenen Interesse zu handeln

John Mearsheimer denkt, dass die Falken und Washington zusammen mit denen in Kiew es darauf anlegen, Russland zu besiegen, das seinerseits glaubt, um sein Überleben zu kämpfen. Der Krieg kann deswegen noch viele Jahre dauern und hat das Potenzial, nuklear zu eskalieren, da in Wirklichkeit nicht die Ukraine und Russland, sondern die USA und Russland sich bekämpfen. Mearsheimer denkt, dass die US-Falken zu jung sind, um zu wissen, was sie gerade riskieren.

Über-Ich und Moralapostel

Das Über-Ich ist nun mal eine Triebgestalt, die ihr Mütchen “im Interesse der Allgemeinheit” kühlt. Die Nummer gleicht dann der dünnen Spiel-Handlung in einem Pornofilm und verrät sich auf Facebook häufig durch die obszöne Verwendung von Stimmung verspritzenden Bildschriftzeichen unter Beiträgen, die es “nicht fassen können” oder die Wortkette “immer noch nicht” wiederholen. Es bleibt…

Anaximander

Woher die Dinge ihre Entstehung haben, dahin müssen sie auch zugrunde gehen nach der Notwendigkeit; denn sie müssen Buße zahlen und für ihre Ungerechtigkeiten gerichtet werden gemäß der Ordnung der Zeit. 

Warum ich Nichtrauchern mißtraue

Ich rauche schon lange nicht mehr, würde mich deswegen aber nicht als Nichtraucher bezeichnen. Aufgehört habe ich mit dem Rauchen aus derselben Ursache, die meinen lebenslangen Abstand von Drogen bewirkte – Ekel vor Abhängigkeit. Die wenigen Erlebnisse, die ich in meiner Jugend mit Drogen hatte, waren dermaßen genussvoll, dass ich augenblicklich einen Riegel vorgeschoben hatte….

Statistik-Analphabetismus gefährdet die Demokratie

Es ist sehr schwer, der Bevölkerung Wahrheiten zu vermitteln, die sich aus der bedingten Wahrscheinlichkeit ergeben, da diese nicht intuitiv begriffen werden kann, vor allem auch auf der Schule nicht unterrichtet wird. Noch die aufs Einfachste heruntergebrochene Berechnung macht dann irgendwie schwindelig und erweckt den Eindruck, es werde „getrixt“, selbst wenn’s die reine Wahrheit ist…

Zombiehafte Endlosigkeit

Die Nachrichtenströme der sozialen Medien vermitteln etwas Hoffnungsloses, indem wir nie ihr Ende einrollen können.  Sie sind – im wahrsten Sinne des Wortes – untot. Ähnlich der virtuelle Raum der Videospiele, in dem sich immer noch eine Umgebung hinter derjenigen auftut, die wir gerade durchqueren. Die endlosen Fernsehserien, Walking Dead! Ist das endlich die nomadische…

Lebensweisheiten

Goethe Er nennt’s Vernunft und braucht’s allein, Nur tierischer als jedes Tier zu sein. Erst Gefühle, dann Gedanken Erst ins Weite, dann in Schranken … Ein Kerl, der spekuliert, ist wie ein Tier, auf dürrer Heide von einem bösen Geist im Kreis herumgeführt, und ringsumher liegt schöne, grüne Weide. „Denn wo Gespenster Platz genommen, Ist…

Franz Kafka

Es gibt zwei menschliche Hauptsünden, aus welchen sich alle andern ableiten: Ungeduld und Lässigkeit. Wegen der Ungeduld sind sie aus dem Paradiese vertrieben worden, wegen der Lässigkeit kehren sie nicht zurück. Vielleicht aber gibt es nur eine Hauptsünde: die Ungeduld. Wegen der Ungeduld sind sie vertrieben worden, wegen der Ungeduld kehren sie nicht zurück.

Vom Gold (Geld)

Wer Beßres in dir sucht, dem würz‘ den Gaumen Mit deinem schärfsten Gift! Was find‘ ich hier? Gold? kostbar, flimmernd, rotes Gold? Nein, Götter! Nicht eitel fleht‘ ich. Wurzeln, reiner Himmel! So viel hievon macht schwarz weiß, häßlich schön, Schlecht gut, alt jung, feig tapfer, niedrig edel.[965] Ihr Götter! warum dies? warum dies, Götter? Ha!…

Vom Wahnsinn der Raumfahrt

As noted in Cory’s review, Kim Stanley Robinson’s Aurora makes an undeniable case for ecological stewardship through a rigorous, gripping technological speculation about climate science, biology, space propulsion and sociodynamic factors. In this exclusive feature essay, Robinson explains the technology behind the best science fiction novel of 2015. The Earth is the cradle of humanity, but one cannot…

Vor mir nichts, nach mir nichts, außer mir nichts – die queere Mission

Michel Foucault als theoretischer Impulsgeber der queeren Bewegung predigt die ungehemmte Identitätsschöpfung. Der Mensch ist nach ihm keinem echten Selbst verpflichtet, muss überhaupt nichts treu sein. Es geht nicht darum, richtig oder falsch zu liegen, das Leben ist keine moralisches, sondern ein übermenschliches, ästhetisches Projekt. Es geht um die Befreiung von den Formen auch seines…

„Emotionale Intelligenz“?

Ob eine tiefere Kenntnis sich nun dem Kopf verdankt oder dem Bauch, eines bleibt gleich: der Ausschluss von Zweifel.  Auch die „emotionale Intelligenz“ betont ja nicht etwa Schattenhaftigkeit, sondern behauptet im Gegenteil, ihren Gegenstand gänzlich zu durchdringen. Wofür es keinerlei Anhaltspunkt gibt.  Erkennen ist an sich begrenzt und endlich.  Statt Bauchgefühl würde Aufmerksamkeit – im…

Sag‘ bloß?

Virtuos kann nur sein, wer die Zweifel erwürgt hat. Virtuosität nimmt deswegen nie gefangen. Weil sie nichts riskiert, immer im voraus schon weiß, was Sache ist. Das spekulative oder theoretische Pendant der Virtuosität ist die Ironie (Facebook-Seuche . . . ). Sie signalisiert die unbedingte Herrschaft des Ichs, das sich von jeder äußeren Regel gelöst…

Rassismus ist der Grund des Bewußtseins

Man muss sich dafür einen Konflikt vorstellen, am besten einen prototypischen – im Fitness-Studio beispielsweise – wenn die Person auftaucht, die den Spind genau neben dem eigenen belegt hat, obwohl alle anderen frei sind, und verlangt, dass man ihr Platz macht. Die Gefühle, die man dann beherrschen muss, sind die erste echte Antwort jedes Menschen…

Warum Schriftsteller nicht zum TV passen

Anton Tschechow geht in seinem Brief an Surovin vom 6. Februar 1898 davon aus, dass, wenn Dreyfus schuldig sei, Zola mit seiner Anklageschrift trotzdem recht habe, „weil es Sache der Schriftsteller ist, nicht anzuklagen oder zu verfolgen, sondern sich sogar für die Schuldigen einzusetzen, auch wenn sie schon verurteilt sind und ihre Strafe verbüßen. Man…

Vom Neid

Gier ist die Triebfeder der Kapitalismus, Neid jene des Sozialismus. Hinter jeder Revolution steckt Neid, die unschöne Anhäufung enttäuschter Hoffnungen, unbefriedigten Talents, von Misserfolgen und verwundeten Bestrebungen. Neid hängt eng zusammen mit Vornehmtuerei, blüht auf in Schadenfreude. Demokratische Einrichtungen entwickeln den Neid am erfolgreichsten im menschlichen Herzen. 

Sollte man als alter Mann sich noch über irgendetwas aufregen?

Wirkt eigentlich immer, ob zurecht oder unrecht, unappetitlich – wenn etwa die bessere Vergangenheit hervorgeholt und wie eine blaugeäderter Maßstab an die Gegenwart gehalten wird, damit dieselbe erblassen soll. Wer auf der Schlußstrecke seines Lebens viel zu meckern hat, macht einen Strich durch die Jahre davor und läuft Gefahr, schließlich mit leeren Händen dazustehen. Fröhliche…

Lt. Adam Smith ist das Ziel des Kommerzes, die Öffentlichkeit zu täuschen und zu unterdrücken

To widen the market and to narrow the competition, is always the interest of the dealers…The proposal of any new law or regulation of commerce which comes from this order, ought always to be listened to with great precaution, and ought never to be adopted till after having been long and carefully examined, not only…

Wie heute alles eine Frage der Macht ist

Ich bin noch sehr katholisch erzogen worden von meiner Großmutter, die selber, weil sie die Beichte fürchtete, nie in die Kirche ging, so wenig wie sonst irgendjemand in meiner Familie. Ich dagegen wurde, nicht zuletzt aus Preisgründen, fast 10 Jahre auf ein katholisches Internat gesteckt und war als Teenager jeden morgen in der Messe. Die…

Reality TV

Unscheinbare Leute, die verzweifelt nach etwas Anerkennung suchen und sich nach einer Flucht aus ihrer faden Normalität sehen, opfern sich vor einem Millionenpublikum auf dem Altar restloser Entwürdigung, wo ihnen schmierige Prominente die Leviten lesen.   In „Wetten dass . . .“ hatte man auch als Benachteiligter noch eine Chance zu zeigen, was man drauf…

Entering a dark age of innovation

Wie jeder, der keine Ahnung von Technik hat, glaube imgrunde auch ich, dass alle möglichen Erfindungen uns eine alternative Zukunft voll Sonnenenergie liefern werden, die den Lebensstandard, welchen wir heute genießen, sicherstellen. Aber die Wissenschafts- und Technologie-Geschichte gibt überhaupt keinen Anlass zu solchem Optimismus. Die meisten Erfindungen wurden1873 gemacht, seitdem nimmt ihre Anzahl ab. Man…

Warum der Neoliberalismus den Klimawandel leugnet

Wenn ich versuche, hinter der mir auf Anhieb unverständlichen Leugnung des Klimawandels einen tieferen oder heimlichen Sinn zu entdecken, spekuliere ich, in erster Linie soll damit die Notwendigkeit staatlicher Eingriffe abgewehrt werden. Warum? Wegen einer ultimativen Markt-Gläubigkeit, die weit über das Marktverständnis der klassischen Ökonomie hinaus geht. Für die Neoliberalen ist der Markt kein Ort…

Moderne Sklaverei

Ein Flasche Benzin enthält die Arbeitskraft von 50 Sklaven, die unseren Kleinwagen 120 Minuten schieben. Die Steckdosen in unseren Wohnungen liefern die Arbeitsleistung von ca. 30 Sklaven. Waschmaschine, Öfen, Mikrowelle, Boiler, Eisschrank, Geschirrspüler verrichten einst von Sklaven geleistete Arbeit, wobei sie ca. 25mal soviel Energie verbrauchen. Ein heutiger Bauer mit all seinem Gerät verfügt über…

Begabung

In einer so hoch entwickelten Menschheit, wie die jetzige ist, bekommt von Natur jeder den Zugang zu vielen Talenten mit. Jeder hat angeborenes Talent, aber nur wenigen ist der Grad von Zähigkeit, Ausdauer, Energie angeboren und anerzogen, so daß er wirklich ein Talent wird, also wird, was er ist, das heißt: es in Werken und Handlungen entladet.

Verklärungen des Anti-Kolonialismus

Die Dekolonialisierung nach dem II. Weltkrieg nahm eine erhebliche Last von den Schultern der Akademie. Der Niedergang des Weltreiches ihrer Nation eliminierte zugleich die Notwendigkeit, dieses zu rechtfertigen. Faktisch wurden die meisten europäischen Nationen nach dem II. Weltkrieg selber Kolonien – ihr Weltreich zerschlagen, ihre Wirtschaft abhängig von jener der USA oder UdSSR, sie selber…

Klima-Tod ist eine Weiterung der Emanzipation

Wenn ich mir eine kleine Flasche mit Öl vorstelle, daneben ein Auto, und ich soll dieses Auto 20 Kilometer weit befördern. Mit Muskelkraft würde das, sagen wir mal, drei Monate dauern; wenn Steigungen dazwischen liegen, doppelt bis dreifach so lange. Mit dem raffinierten Öl im Tank schaffe ich’s im Bruchteil einer Stunde. Ähnliche Betrachtungen habe…

Frei macht einen erst das Trauma des Misserfolgs . . .

. . . denn wie sonst ist es überhaupt möglich, die Erfahrung echter Ungebundenheit zu machen? Was anders als Demütigung vermöchte einen zu lösen von den substantiellen Vorstellungen, die man über sich hegt? Mit dem Hinschmelzen derselben erst wird eine Person frei von allem, was sie festlegte. Dies Bewußtsein hat die Furcht des Todes, des…

Über die Merkmale des Despotismus

Ich will mir vorstellen, unter welchen neuen Merkmalen der Despotismus in der Welt auftreten könnte: Ich erblicke eine Menge einander ähnlicher und gleichgestellter Menschen, die sich rastlos im Kreise drehen, um sich kleine und gewöhnliche Vergnügungen zu verschaffen, die ihr Gemüt ausfüllen. Jeder steht in seiner Vereinzelung dem Schicksal aller anderen fremd gegenüber: Seine Kinder…

Identität – geht vorüber

Ehrgeiz ist der Tod des Denkens, denn er pocht auf das Ich und dessen dessen Besitztümer: Theorien, Vorstellungen, Träume, Urteile, Wissensstücke – Inbegriff von Identität. Ist aber Identität nicht ein Trugbild? Klar, zwei Steine z. B. können nicht identisch sein, sonst wär’ es einer. Dass aber ein Ding mit sich selbst identisch sein soll, ist…

Wer nicht genau sieht, sichert sich einen Vorsprung

Herkunft des Logischen. – Woher ist die Logik im menschlichen Kopfe entstanden? Gewiß aus der Unlogik, deren Reich ursprünglich ungeheuer gewesen sein muß. Aber unzählig viele Wesen, welche anders schlossen, als wir jetzt schließen, gingen zugrunde: es könnte immer noch wahrer gewesen sein! Wer zum Beispiel das »Gleiche« nicht oft genug aufzufinden wußte, in betreff der…

Wir müssen reden . . .

„Wenn der Dialog der letzte Ausweg ist, ist die Situation nicht mehr zu retten.“ – Davila „Und wenn dich jemand eine Meile nötigt, so geh mit ihm zwei.“ – Matth. 5:41

Hegel über emotionale Intelligenz

Wenn sonst die leere Möglichkeit, sich etwas auf eine andere Weise vorzustellen, hinreichte, um eine Vorstellung zu widerlegen, und dieselbe bloße Möglichkeit, der allgemeine Gedanke, auch den ganzen positiven Wert des wirklichen Erkennens hatte, so sehen wir hier ebenso der allgemeinen Idee in dieser Form der Unwirklichkeit allen Wert zugeschrieben, und die Auflösung des Unterschiedenen…

Hegel: Entwicklung durch Widerspiel

Es ist übrigens nicht schwer, zu sehen, daß unsre Zeit eine Zeit der Geburt und des Übergangs zu einer neuen Periode ist. Der Geist hat mit der bisherigen Welt seines Daseins und Vorstellens gebrochen und steht im Begriffe, es in die Vergangenheit hinab zu versenken, und in der Arbeit seiner Umgestaltung. Zwar ist er nie…

Von Milch, Reiselust und Zombies

Der Todestrieb im Menschen, ergänzt um die Fähigkeit, über das Säuglingsstadium hinaus von Milch zu leben, hat uns an den Rand der Klimakatastophe gebracht. Es gibt etwas Ruheloses am Boden unserer Existenz, das zusammengefasst erscheint im Sinnbild des Untoten. Ein Zombie lebt weiter ohne lebendigen Körper, kann daher keine Funktion desselbe sein. Er versinnbildlicht eine…

Welche Farbe haben meine Augen?

Diese Frage können nur Leute stellen, die es für ein Kompliment halten würden, von jemand zu hören: „Die unterhaltsamste Fläche der Erde ist für mich die deines Gesichtes.“ Der Mensch ist sein Körper, zusammengefasst in seinem Gesicht und dieses wiederum zusammengefasst in seinen Augen, in deren Ausdruck, nicht in der Farbe. Wer diese bemerkt, gleicht…

Warum es auch in Europa so gut wie keine guten Filme mehr zu sehen gibt (auch nicht von Lanthimos)

Unsere Leistungsgesellschaft lässt ausschließlich Helden-Geschichten zu – Filme und TV-Stücke, die auf die eine oder andere Art vom Sieg der Gerechtigkeit träumen.Wieso lässt die Erfüllung „immer noch“ auf sich warten? Warum werden Erfolge nicht greifbar? Warum entscheiden die Menschen sich nicht für das offensichtlich Richtige, wenn es in ihrer Macht steht?Weil es, lautet die Antwort,…

Der Schüchterne weiß etwas . . .

. . . das der Nicht-Schüchterne nicht weiß: dass unser Selbst sich nämlich nicht darstellen lässt – dass es Schwachsinn höheren Grades erfordert, nicht schüchtern zu sein – dass gerade die Unvertretbarkeit unseres Selbsts der einzige Anhaltspunkt ist, den wir für seine Bedeutung haben.

Warum es keine Psychosynthese gibt, nur Psychoanalyse

Die Psychoanalyse versöhnt mit dem Halbfertigen, predigt die Erlösung durch Abstieg. In dem Entdecken seines Zerfallenseins erlebt sich das Selbst neu als Mensch. Der psychoanalytische Abbau würdigt das Stückwerk – nicht die Glätte – als Wesen des Daseins. Wittgenstein in den Philosophischen Untersuchungen 107: „Je genauer wir die tatsächliche Sprache betrachten, desto stärker wird der…

Glaube vs. Unglaube

Christlicher Glaube bedeutet nach dem heiligen Paulus vor allem nicht die Vertiefung des menschenmöglichen Seins, Tuns oder Erkennens. Dasselbe stirbt vielmehr durch Christus am Kreuz. Die Auferstehung danach bedeutet kein Wiedererstarken, sondern Anderswerden; die Vergebung der Sünden verzeiht nichts, sondern sieht vollkommen ab von solcher Möglichkeit des Scheiterns; das Reich Gottes verwirklicht keine politischen Hoffnungen,…

Alles halb so wild

The great source of both the misery and disorders of human life, seems to arise from overrating the difference between one permanent situation and another… Some of those situations may, no doubt, deserve to be preferred to others: but none of them can deserve to be pursued with that passionate ardour which drives us to…

ACEDIA . . .

. . . das sogenannte „Mönchslaster“, ist als „Trübsinn, Teilnahmslosigkeit, Verdrossenheit, geistliche Trägheit“ seit Hippokrates bekannt. Bonaventura fasst die acedia als Todsünde auf und Dante lässt die Todsünder in der Hölle sagen: „Da wir im Innern Unlustnebel trugen.“ (Inf. VII 123) Caesarius von Heisterbach fasst acedia von der Traurigkeit her: „Acedia ist die aus einer…

Die Heldenreise hat etwas Kindliches . . .

 . . . wie die ganze von ihr inspirierte Dramaturgie. Im Moment gibt kaum einen Film, kaum eine TV-Serie, die nicht – im Kern – dem allgegenwärtigen Denken an die Kindheit verpflichtet ist mit ihren Themen wie der Suche nach seinen Ursprüngen, dem Gefühl von Verlassenheit und Schikane sowie darauf antwortenden Vorstellungen eigener Großartigkeit. Die…