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wenn einer käme, dich nähmeohne ein wort, gleich welchen ortvoller vertrauten blick, ganz ohne schickden glanz deiner augen,den hauch deiner haare,die milch deiner brust,in sich und du und voll der lust:du sagtest ja und schwiegest jaim Traume, am Tage, des Wortes bar.  

händel

völlig ohne kleider auf dem bette liegendhingestreckt die zwei körper haut an hautwerden sie langsamer – vorwärts-rückwärts,fließend ineinander übergehen;eine schwebende swingende massedie sich, völlig unbeschreiblich und ohne ein Wortim sagenhaften rhythmus des pfeiffentons bewegt –ganu wie von selbst, ganz ohne zutunganz ganz . . .

Würzburg

Wenn ich heute auf meinem Kassettenrekorder ältere Musik höre, muss ich an meine Studentenzeit in Würzburg damals denken, wo ich sie aufgenommen habe. Ich lebte in einem kleinen Zimmer von 10 qm, wo ich die meiste Zeit über Kafka und Broch schwitzte. In der Universität hatten wir Fußbodenbeläge aus Kunstfaser, die Strom zuweilen durch den…

Mit der Hand geschrieben

Ich komme von der Arbeit nach Haus, da tritt ein junger Mann auf mich zu. Unverschämt erkundigt er sich nach den Umständen meines Lebens, doch bald finde ich Gefallen an meinem Gerede. Wir kommen auf die Leute zu sprechen. Ich gebe ihm meine präzise Definition meiner Freunde und Bekannten. Z. B. Frau K., die jeden…

Nächtlicher Ausgang

Unser Dorf liegt in den Feldern, weiter draußen aber steht das Haus des Schrankenwärters. Seine Schmalheit, seine drei Stockwerke, seine Vereinzelung lassen es wie einen Turm erscheinen. In drei Tagen wird die Ernte eingebracht, jetzt hört man noch den Wind im reifen Kornfeld. Kurz bevor wir schlafen müssen, wollen wir noch den Abendzug sehen. Die…

Buddha nach der netten Fabel . . .

. . . starrt auf seinen fetten Nabel. Beim Wandern durch Pécs erschien uns neulich die Kathedrale. Auf deren Dach: eine Reihe Heiligenfiguren, Ausschau haltend in den Abend. Dringend, nie in sich ruhend, strahlen diese christlichen Standbilder das Gegenteil der weltlosen Heiterkeit östlicher Figuren aus. Später in der Fußgängerzone bei japanischem Whiskey bildeten wir uns…

Ausgerechnet beim Zahnarzt

Die Frage taucht immer mal auf, ob ich religiös bin. Ich neige zur Antwort, dass ich zögere, ein Gesamturteil übert das Wesen und Werden einer Welt abzugeben, die mich täglich überrascht. Ich interessiere mich wenig für Metaphysik, halte sie irgendwie für neurotisch. Zugleich kommt es mir so vor, wie wenn der Alltag Risse hat, durch…

Ein Wort vom Häuptling, und jeder macht, was er will . . .

. . . war ein Sprichwort unter den nordamerikanischen Indianern. Aber ist es nicht bei uns, vielleicht sogar überall auf der Welt nicht dasselbe? In meiner Berufslaufbahn habe ich jedenfalls noch keinen Arbeitszusammenhang kennengelernt, der nachvollziehbar vom Kopf her bestimmt war. Um die Macht zu spüren, muss man Fühlung mit dem mittleren Management aufnehmen. Bei…

Welche Farbe haben meine Augen?

Diese Frage können nur Leute stellen, die es für ein Kompliment halten würden, von jemand zu hören: „Die unterhaltsamste Fläche der Erde ist für mich die deines Gesichtes.“ Der Mensch ist sein Körper, zusammengefasst in seinem Gesicht und dieses wiederum zusammengefasst in seinen Augen, in deren Ausdruck, nicht in der Farbe. Wer diese bemerkt, gleicht…

Im Buschtaxi durch Madagaskar

Steppengras silberweich im Mondlicht, am Horizont die Riesenschatten kahler Felsenberge unter dem Glitzersand der Sterne, zwei Minibusse schräg am Pistenrand, Insassen vertreten sich die Beine. Eine Safari-Gruppe? Mit Kleinkindern? Um Mitternacht? Nein, wir befinden uns auf der Ost-Südwest-Magistrale Madagaskars, und hier pausiert gerade der Überland-Dienst. Die Bundesstraßen der roten Rieseninsel sind oft Pisten, kaum passierbar….

Kabul – wo die internationale Gemeinschaft wohnt

Einmal wöchentlich verkehrt die staatliche Airline Ariana zwischen Frankfurt und Kabul – die einzige Interkontinental-Verbindung nach Afghanistan. Das Visum des afghanischen Generalkonsulates im Pass, kann man los fliegen mit einer bunten Truppe, die sich allwöchentlich im Untergeschoss des Frankfurter Flughafens vor dem Ariana-Schalter drängelt. Ihre Maschine, ein von Indien geschenkter Airbus, wartet weiter draußen auf…

Die Kakao-Inseln

São Tomé und Príncipe im Atlantischen Ozean unterhalb Nigerias gehört zu den kleinsten Staaten der Welt, bis jetzt vom Tourismus noch völlig unberührt Aller Kakao dieser Welt kam einmal hierher – vom Äquator, wo Anfang des Jahrhunderts während einer Sonnenfinsternis Einsteins E=mc2 bewiesen wurde, und heute „Honnecker“ zu Hause ist am einzig echten Barcadi-Strand: im…

Das Florida Europas

Es gibt eine EU-Gegend, die 12 Monate jährlich in der Sonne liegt und nicht Kanarische Inseln heißt: das französische Übersee-Departement Le Réunion vor Madagaskar im Indischen Ozean Nach Mauritius setzt man im Fährboot über, die Seychellen liegen in Kurzflugnähe – trotzdem akzeptieren die Geldautomaten hier EC-Karten, wird für die Einreise kein Pass benötigt – mitten…

St. Helena & Tristan da Cunha

Im Atlantischen Ozean 1.800 Seemeilen westlich von Kapstadt sprühen sieben schmale Gischtfäden vom Himmel, die Katarakte Inaccessibles. Fast einen Kilometer senkrecht vom dunstigen Hochland der steilsten Insel stürzen sie ins Meer. Die Küste dazwischen ist kahl, naßgrün, nur selten zurückweichend vor einer Handbreit grobem Kiesel. Ein flechtenbesetzter Fels ragt aus rötlich braunem Seetang, ein abgesägter…

Dramatische Ironie

Dass ausgerechnet die besten Autoren am dringendsten vor dem Lesen warnen: Cervantes, Flaubert, Tolstoi – Dante lässt die Leser in der Hölle schmoren! Seltsam. Aber ich fange an zu verstehen, was sie meinen, wenn ich mich an eine Episode aus meiner Studentenzeit erinnere. Ich besuchte damals an Wochenenden das Land-Theater, an dem mein Vater sein…

Wimmelbild des Lebens

Mit meinem Bruder im Riesenrad über das Oktoberfest gestiegen, der glühende Menschen-Attraktionen-Teppiche zu unseren Füssen, machte er mich – nicht auf das Erhabene – auf das Gleichgültige dieser Sicht aufmerksam mit der Frage, ob mir ein einzelner Menschen da unten abgehen würde, wenn er plötzlich verschwunden wäre. Wie außerordentlich vernetzt und dadurch unbedeutend wir einzelnen…

Die dunkele Seite der Macht . . .

. . . hatte auch mich einmal gerufen. Noch heute schwindelt mir bei der Erinnerung an das von der Stirne gewischte Blut – damals in Kalkutta. Die indische Göttin Kali kann bestochen werden. Wenn dir oder mir beispielsweise jemand im Weg steht, und wir hätten gern, er bekäme eine tödliche Krankheit – an wen kann…

Der Teufel trägt keine Hörner

Am nahesten kam ich dem Grauen in meinem Leben als junger Mann im D-Zug zwischen Kassel und Frankfurt. Die Abteile waren damals versehen mit rot geplusterten Plastiksitzen, die man ausziehen konnte, wen einem niemand gegenüber saß, um unruhig darauf zu schlafen. Mit gegenüber aber saß eine alte Frau, von knochiger Stämmigkeit, in einem der charakteristischen…

Nichts tun, wenn es nicht sein muss . . .

. . . auch dann eher nichts tun. Einmal stieg nachts am Rosenheimer Platz eine junge Frau mit blutender Nase auf die Rückbank meines Taxis, gefolgt von einem Kerl ihres Alters. Ich sollte sie nach Neuperlach fahren! Die beiden stritten, offenbar hatte er zugeschlagen – ich vollzog das gerade nach, als Polizeiblaulicht im Rückspiegel erschien…

Heiße Reifen über Baku

Auch ich war in Kabul, nachdem das Goethe-Institut dort wieder eröffnet und Geld für alle möglichen Lehrgänge – auch meinen – hatte. Die Künste stehen in Afghanistan in keinem hohen Ansehen. Nur wer’s nirgendwo anderes geschafft hat, studiert Literatur oder geht zum Film, eine unwürdige Tätigkeit. Die EU-Länder hatten trotzdem Kulturschaffende aus allen Bereichen nach…

Die guten Geister des Friedhofs

Am einfühlsamsten den Hinterbliebenen gegenüber hatte ich damals die Wärter des Essener Parkfriedhofes erlebt, deren Bemühungen, es allen Kulturen recht zu machen, die komischsten und rührendsten Folgen hatten. Oft war ich als Kind mit meiner Mutter unter den Bäumen des nahe unserer Wohnung in kleine Siedlungstraßen auslaufenden Friedhofs sonntäglich umherspaziert, ahnungslos, wie früh sie hier…

Von Folter

Ich habe in meinem Leben zwei Menschen getroffen, die in Folterungen involviert waren, einen pensionierten Fremdenlegionär sowie einen Geheimpolizisten, der in Südafrika auf der Flucht vor der Wahrheitskommission verbotenerweise zu mir als Anhalter ins Fahrzeug stieg. Von dem erzähle ich ein andermal. Der Ex-Fremdenlegionär lief mir auf einer Insel Französisch Polynesiens über den Weg, wo…

Nur Mut

Ich würde mich spontan als feige bezeichnen, jemand, der erst mal wegmacht. Wahrscheinlich, weil ich soviel in der Zeitung davon gelesen habe und deswegen glaube, ich müsste ebenso handeln. Dabei hat mir einmal ein Akt (linder) Zivilcourage die Reisekasse gerettet! Denn als ich meine spätere Frau vom Flughafen in Paris abholte, wir das Hotel hinter…

Als Lohn nimm heißes Blei

Nach dem Abitur hatte ich wie jeder normale deutsche Student seit dem Mittelalter ein katastrophales Verhältnis zu Rechtschreibung, zu schweigen von der Zeichensetzung – und wurde kuriert durch einen Schock, der binnen 2 Wochen meinen Rechtschreibsinn inaugurierte. Auslöser war Lobo, das Halbblut. So hieß der Charles Bronson nachempfundene Held einer Western-Reihe, die Pabel aus Rastatt…

Der brennende Porsche

Am denkwürdigsten kamen mir die Menschen Ende der 80er Jahre vor während meiner Zeit als Taxifahrer, als ich’s täglich mit den unglaublichsten Exemplaren zu tun kriegte. Eingeprägt hat sich mir die Sache mit dem brennenden Porsche, der das bizarrste, zugleich rührendste Schauspiel beleuchtete. Ich war ein fauler Taxifahrer, mit Vorliebe nachts unterwegs und stand stundenlang…

Mein Führerschein

Peinliches ist mir im Leben genug passiert. Hab’s nicht mal ausgelassen, bereits als Student, einen Tag zu früh nach Hause kommend, meine Gefährtin im Bett mit ihrem späteren Mann (er solle Chefarzt werden) zu überraschen – was mir für uns alle damals eher leid tat, weil wir so komische Figuren abgaben. Nichts aber überbietet in…

Empfindsame Indien-Reise

Vorzeichen Indien war mir egal. Als ich klein war, verfolgten mich noch die Bilder „armer Inderkinder“, die an Hunger starben, heraufbeschworen von meiner Großmutter, wenn ich nicht aufessen wollte. Später machten wir uns lustig: „Pack’s doch ein und schick’s nach Indien!“ Die Beatles hatten von dort einen zotteligen Yogi mitgebracht. Junge, dann auch alte Leute,…

Die Erwählten

„Der Mensch“, sagt Davila, „bewundert aufrichtig nur das Unverdiente. Talent, Abstammung und Schönheit.“ Daran musste ich neulich im Hallenbad von Giesing denken, wo ich beinahe täglich ca. 60 Minuten für einen bizarren Anblick im Nichtschwimmerbecken sorge. Eine Gürtel um die Hüften, von dem ein Gummiseil zu einem Saugnapf reicht, der am Rand des Beckens haftet,…

Mörderinnen

Der Impuls, das eigene Kind umzubringen, ist verbreiteter, als allgemein angenommen, wenn man sich nur länger mit einer erfahrenen Hebamme unterhält. Meine eigene Mutter hatte es mir einmal fröhlich gestanden, da sie es kaum fertig brachte zu lügen, einer ihrer besseren Charakterzüge. Am gespenstischsten aber erfuhr ich diese Wahrheit in meiner Jugend auf einer Bahnfahrt,…

Wie ich zu meiner privaten Jugendstil-Sauna gekommen bin.

Wenn Sauna, Schapps oder Teer nicht helfen, sagen die Finnen, ist die Krankheit tödlich. Da habe ich mir lieber vor 10 Jahren angewöhnt, alle 7 Tage in die Saune zu gehen: drei mal 15 Minuten bei 90 Grad. Danach Untertauchen in Kaltwasserbecken. Was ich lange in meinem Leben glaubte, nicht überleben zu können. Als ich…

Wir haben alle Aids!

Meine erste unmittelbare Begegnung mit Prostituierten hatte ich in Nairobi, Anfang der 90er Jahre. Ich betreute damals die Realisierung eines Spielfilms an der örtlichen Filmhochschule. Untergebracht war ich in dem Hotel Boulevard, das sich an einer vielbefahrenen Straße hinter Hecken druckte. Die offen stehenden Bar- und Restaurant-Bereiche waren staffiert mit Safari-Dekor, Kleinbusse spuckten Touristen aus,…

Missionare

Meine eigentliche Familie scheint die katholische Kirche. Zufällig war ich in dem Alter, das uns den Stempel aufdrückt, in ihren Fängen. Danach gibt es kein Verändern, kein wirkliches. Ich respektiere und begrüße ähnliche Tendenzen bei allen anderen Religionen, selbst jener des Konsums, wenn nur genügend Innigkeit im Spiel ist. Welche der Skeptizismus nie aufzubringen im…

Hochzeit in Lagos

Die schönste Hochzeit, an die ich mich erinnere, sah ich gipfeln in einem Schnellimbiss in Lagos. Diese sehr große Stadt gehört zu dem Beeindruckendsten, das ich je erlebte, eine zusammengekrachte Eskalation der Kulisse von Bladerunner. Ganz Afrika drängt sich hier, um Geschäfte zu machen. „In Lagos gibt es immer etwas zu reißen“, versicherte einer meiner…

Kapstadt

Das spirituellste Erlebnis meines Lebens hatte ich nicht in der Kirche oder anläßlich irgendeines der Events, die heute den Gottesdienst vertreten, sondern an Bord der RMS St. Helena vor der Küste Kapstadts. Die RMS war ein königliches Postschiff, welches die Britische Kronkolonie St. Helena mit dem Mutterland verband. Sie kam mit 15 km/h von Cardiff…