WITTGENSTEINS ANLIEGEN

Ludwig Wittgenstein ist der bedeutendste Philosoph der Neuzeit. Ihm ist an der Überwindung der auf Plato und Aristoteles zurückgehenden und die Weltweisheit der letzten 2.000 Jahre prägenden Vorstellung gelegen, dass wir als Menschen einer Außenwelt gegenüberstehen, welcher wir uns durch „Werkzeuge“ des Denkens bemächtigen. Eine die Welt und ihre Verhältnisse handhabende Philosophie, die berechnet und begründet,…

DIE ILLUSION DES FORTSCHRITTS

Wittgenstein will die herkömmliche Philosophie des Gegenständlichen und seiner Berechnung ersetzen durch eine Philosophie spontaner Bedeutung und Besinnlichkeit. Die Philosophie der Berechnung entspringt der Auffassung, der Mensch stehe der Welt gegenüber und bediene sich seiner Vorstellung, um ihre Verhältnisse zu deuten und handzuhaben. Wittgenstein weist nach, dass unser Sein in der Welt nicht auf ihrer…

ENTSCHÄRFUNG DER METAPHYSIK

Wittgensteins stiftet kein eigenes System der Vergegenwärtigung, sondern hat es sich zur Aufgabe gemacht, das Vergegenwärtigen zu verwinden: die darin liegende Vorstellung einer allem zugrunde liegenden Gesetzmäßigkeit, deren Nachvollzug den Menschen zum erfolgreichen Verarbeiten von Gegenständen und der Welt bemächtigt. Der Metaphysiker formuliert solche Gesetze im Allgemeinen, bevor sie vom Forscher anschließend „durchgezogen“ und zweckmäßig…

WIE BEDEUTUNG ENTSTEHT

Wittgensteins Vormarsch demonstriert, dass wissenschaftliche Herangehensweisen wie Logik, Mathematik, Naturgesetze usw. Abkömmlinge oder „Abmagerungen“ von etwas Bedeutenderem sind, das in GRAMMATIK, LEBENSFORM und NATURGESCHICHTE sowie im Sinnbild des SPRACHSPIELS zum Ausdruck kommt. Die GRAMMATIK beinhaltet alle Möglichkeiten selbstverständlichen Sprechens und wird durch sonst nichts gerechtfertigt. Sie regelt, was es mit den Dingen auf sich haben…

BEREICHE DER BEDEUTUNG

Wittgenstein philosophiert immanent. Bedeutung kann demzufolge niemals erklärt, also auf etwas Vorgestelltes oder Theoretisches zurückgeführt, sondern nur beschrieben oder erlebbar gemacht werden. Das Besinnliche ist immer phänomenal. Es muss unmittelbar von seiner Erscheinung abgelesen werden. Oder es leuchtet ein infolge einer Neuordnung ursprünglich verwirrender Worte, durch kulturelles Einfühlen (im Fall fremder Rituale) oder die Erinnerung…

RÜCKHOLUNG DES SELBST – Wittgensteins Philosophie der Psychologie

Wittgensteins Neuformulierung des Wesens der Individualität dürfte, sofern sie einmal nachvollzogen wurde, mehr zur geistigen Gesundung Europas und des Westens beitragen als sämtliche parallel vorstellbare Psychotherapien oder ökonomische oder technische Allheilmittel. Wittgensteins Vormarsch gibt die frischeste, unerschrockenste und gesündeste Antwort auf die Fragen „Wer bin ich?“ und „Was ist ein Mensch?“ seit Sokrates. Wittgensteins Spätwerk…

VOM WERT DES RITUALS – Wittgensteins Bemerkungen über Frazers Golden Bough

Wittgenstein wurde schnell mehr von Künstlern geschätzt als von Philosophen, denen er die Rundumerklärung untersagte. Ingeborg Bachmann, Thomas Bernhard, Peter Handke, alles Wittgensteinianer – ebenso wie der US-Amerikaner David Foster Wallace, der eine vielversprechende Karriere als Mathematiker aufgab, um Schriftsteller zu werden. Der Filmemacher Terrence Malick, vom Studium her ein Philosoph, hat seine Doktorarbeit zwar…

MAN WIRD OFT VON EINEM WORT BEHEXT, ZUM BEISPIEL VOM WORT „WISSEN“ – Wittgensteins Über die Gewissheit

Wittgenstein möchte den Ausdruck „Ich weiß“ für Fälle reservieren, „in denen er im normalen Sprachverkehr gebraucht wird“ – weil, wie er in Über die Gewissheit 482 schreibt, „das ‚Ich weiß‘ keine metaphysische Betonung verträgt.“ Unter „metaphysisch“ versteht er, wie gesagt, „strenge Gewissheit“. Das Sprachspiel mit dem Wort „wissen“ aber sieht keine Superwahrheiten vor. Sie klingen…

„WAS AUF EINER LEITER ERREICHBAR IST, INTERESSIERT MICH NICHT“ – Wittgenstein über das Wunder der Normalität

Die Quelle jeglicher Stimmung und echter Besonderheit liegt für Wittgenstein in der Normalität. „Die für uns wichtigsten Aspekte der Dinge sind durch ihre Einfachheit und Alltäglichkeit verborgen“, schreibt Wittgenstein in den Philosophischen Untersuchungen. „(Man kann es nicht bemerken, – weil man es immer vor Augen hat.) Die eigentlichen Grundlagen seiner Forschung fallen dem Menschen gar…

LEERE STATT STOLZ – Wittgenstein zur idiotischen Identität

In seiner Logisch-philosophischen Abhandlung (Tractatus) verblüfft Wittgenstein  mit folgender Behauptung: „Von zwei Dingen zu sagen, sie seien identisch, ist ein Unsinn, und von Einem [sic!] zu sagen, es sei identisch mit sich selbst, sagt gar nichts.“ (Tractatus 5.5303) Klar, zwei Steine zum Beispiel können nie ganz übereinstimmen, es wär᾽ sonst einer. Dass aber ein Ding…

DER NEUE STIL DES DENKENS

Der späte Wittgenstein denkt nicht abstrakt, sondern in Bildern bzw. Metaphern. Zum Beispiel schreibt er in Zettel 452: „Wie kommt es, dass die Philosophie ein so komplizierter Bau ist? Sie sollte doch gänzlich einfach sein, wenn sie jenes Letzte, von aller Erfahrung Unabhängige, ist, wofür du sie ausgibst. – Die Philosophie löst Knoten auf in…

WITTGENSTEINS PROGRAMM

Das Philosophieren Wittgensteins dreht sich in erster Linie um BEDEUTUNG (Stimmung) und weniger um ERKENNTNIS. „Was ist wahr?“ tritt zurück hinter „Was ist erheblich?“. Es geht Wittgenstein dabei weniger um einen klugen als um einen klaren Kopf. Als Sitz echter Bedeutung umkreist Wittgenstein das menschliche Miteinander, verkörpert im unbedachten Alltag und seiner Sprache, welche Wittgenstein…

WITTGENSTEIN UND HEIDEGGER / BUDDHISMUS

Unter den Philosophen kommt als einziger Heidegger an Wittgenstein heran. Was  unterscheidet die beiden noch? Heidegger ist sich wie Wittgenstein unserer unmittelbaren Umgebung und deren selbstverständlicher Verläufe als Sitz und Quelle echter Bedeutung oder Stimmung bewusst. Als trainierter Philosoph fragt er sich jedoch, wieso es dies alles – das Universum und seine Möglichkeiten – gibt…