Die Korinther stacheln die Spartaner gegen die Athener auf
I/70 Und gerade wir glauben das Recht zu haben, unsere Nachbarn tadeln zu dürfen, da für uns so große Dinge auf dem Spiele stehen. Aber es scheint, dass ihr keine Augen dafür habt und nicht im Geringsten daran denkt, wer denn diese Athener sind, mit denen ihr um den Sieg zu ringen haben werdet, wie völlig anders sie sind als ihr. Die Athener suchen immer etwas Neues, sie sind schnell im Entwerfen von Plänen und schnell in der Ausführung dessen, was sie als richtig erkannt haben; ihr dagegen wollt alles Bestehende erhalten, macht gar keine Pläne und bringt nicht einmal das unumgänglich Nötige zur Ausführung. Und weiter: jene sind verwegen ohne Rücksicht auf ihre Kraft, waghalsig ohne Rücksicht auf die Vernunft, noch im Unglück voller Hoffnung; eure Art dagegen ist es, weniger zu leisten als ihr könnt, ängstlich zu sein, auch bei den vernünftigsten und sichersten Unternehmungen und im Unglück jede Hoffnung auf Rettung zu verlieren. Sie sind sprungbereit, ihr seid Zauderer; sie lieben nichts so sehr wie in die Ferne zu schweifen, ihr liebt nichts mehr als zu Hause zu sitzen. Denn sie glauben in der Ferne Glück und Reichtum zu finden; ihr fürchtet durch äußere Unternehmungen, was ihr besitzt, noch zu verlieren. Ihre Siege wissen sie bis aufs letzte auszunutzen, durch ihre Niederlagen lassen sie sich ganz und gar nicht zu Boden werfen. Ihr Leben ist ihnen, wenn es das Vaterland gilt, gleichgültig und fremd, die Vernunft ist, wenn sie für das Vaterland arbeiten, ihre trauteste Freundin. Und wenn sie einen Plan gefasst, aber nicht durchgeführt haben, meinen sie, etwas verloren zu haben, was schon ihr eigen war; haben sie aber erfolgreich gehandelt, glauben sie wenig im Vergleich zu dem, was die Zukunft noch bringen werde, getan zu haben; und misslingt ihnen etwas, so ersetzen sie den Schaden durch die Hoffnung auf anderes. Sie sind das einzige Volk, bei dem Haben und Erhoffen dessen, worauf ihr Sinn sich richtet, eins ist, so schnell führen sie aus, was sie beschlossen haben. Und um das alles mühen sie sich von der Wiege bis zum Grabe, unter Sorgen und Gefahren, und genießen fast gar nichts von dem, was sie haben, weil sie immer nur arbeiten und keine andere Festfreude kennen als ihre Pflicht zu tun; denn tatlose Ruhe ist in ihren Augen ein größeres Unglück als mühselige Tätigkeit. Daher wäre es nicht ganz unrichtig, wenn man die Athener zusammenfassend mit dem Satze kennzeichnete: sie sind dazu da, keine Ruhe zu halten und auch den anderen Menschen keine Ruhe zu lassen.
Die Spartaner brüskieren die Athener
I/102 Als sich der Krieg gegen die Leute auf Ithome in die Länge zog, riefen die Spartaner die Athener und alle Bundesgenossen zu Hilfe. Diese erschienen mit einem ansehnlichen Heer unter Kimons Führung. Man hatte sie besonders gebeten, weil sie sich gut auf Belage- rung verstanden, und bei einem so lange dauernden Unternehmen war dies sehr wichtig. Wäre es nur auf Gewalt angekommen, hätten die Lakedaimonier bestimmt den Ort erobert. Dieser Heereszug legte den Grund zu den Streitigkeiten zwischen Sparta und Athen. Die Lakedaimonier fürchteten die Kühnheit der Athener und ihr Interesse an Neuerungen, besonders weil diese aus einem fremden Stamm kamen. Sie meinten, die Athener könnten im Lauf der Zeit von denen aus Ithome überredet werden, etwas gegen Lakedaimon zu unternehmen. Sie äußerten den Verdacht nicht laut, ließen aber die Athener als einzige ziehen, als ob sie sie nicht mehr brauchten. Die Athener erkannten aber, daß sie aus einem bestimmten Grunde entlassen wurden. Sie wurden unwillig und meinten, es nicht um die Spartaner verdient zu haben. Sofort nach ihrer Heimkehr hoben sie den Vertrag, den man gemeinsam gegen die Meder geschlossen hatte, auf und verbündeten sich mit den Argivern, den Feinden Spartas. Zusammen mit den Argivern schlossen sie ein gleiches Bünd- nis mit den Thessalern.
Perikles stellt die Athener dar
II/64 Bedenkt, dass kein Volk je eine so große Macht besessen hat wie sie und dass die Nachwelt daher ihr Andenken auf ewig bewahren wird, selbst wenn es jetzt mit unserer Macht um ein weniges rückwärts gehen sollte (wie denn alles, was gewachsen ist, wiederum abnehmen muss). Kein Hellenenstamm hat über so viele Hellenen geherrscht wie wir, keiner so große Kriege gegen alle zusammen und gegen die einzelnen siegreich geführt, keiner eine so reiche, so gewaltige Stadt bewohnt.