Femme Fatale

In Lies mein Begehren reflektiert Joan Copjec über die Figur der Femme fatale im Film Noir, über die Wertschätzung, die der frühe Feminismus dieser „starken Frauenfigur“ entgegenbrachte, stellt dann aber fest, dass es sich bei ihr nur um eine Hülle handelt, in welche die männliche Hauptfigur ihr Treiben auslagert.

Der Film Noir war ein schwarzweißer „B-Film“, der traditionell im Doppelpack mit einem teuren Farbfilm als dessen Gegenteil vorgeführt wurde. Solche Schattenfilme, in denen die Hauptfigur vom Todestrieb gepeitscht wird, kennen wir heute bestenfalls noch aus dem Horrorgenre. Der Film Noir aber, dessen beste Regisseure übrigens aus Deutschland kamen, ging direkt an die (klein-)bürgerliche Substanz. Heute wäre es etwa die Geschichte eines jungen Familienvaters, der, während seine Lebensgefährtin mit den Kindern bei ihren Eltern urlaubt, mit einer sexy Ukrainerin nach Asien durchbrennen will, um dort als digitaler Nomade neu anzufangen, jedoch unversehens in einen Mord verwickelt wird, den die Geliebte im Schlepptau hat, um dann als Sündenbock von ihr verlassen, nach dem Comeback seiner kleinen Familie aber zurückgezogen zu werden in ein weiteres Verbrechen, das beiden das Leben kostet usf.

Solche Geschichten zehren vom menschlichen Willen, sein herzliches Dasein zu zerstören, und die „femme fatale“ wird, so Copjec, dafür herbeiphantasiert, um eine Entschuldigung zu ermöglichen: „Wenn sie nicht gewesen wäre, hätte alles im Wohlklang enden können.”

In einem früheren Kapitel ihres Buches weist Copjec andererseits auf den psychoanalytischen Fund hin, dass der Todestrieb stärker ist als jede Vernunft und, so fühlt man sich zur weitren Spekulation verführt, wenn es keinen Schattenfilm für ihn mehr gibt, sich darin auszutoben, dann eben die Realität, etwa als Kriegsspiel oder Faschismus zu seiner Bühne macht.

Sollte es besser eine spezielle Filmförderung für ihn geben?