Joan Copjec LIES MEIN BEGEHREN

Die Autorin bringt in ihrem Klassiker das psychoanalytischen Mantra in Stellung, um Kritiker von Ideologie und Zwängen mit einer übersehenen Freiheitschance zu konfrontieren. Die Kapitel ihres Buches nehmen dabei vor allem Ansichten Foucaults aufs Korn im Hinblick auf etwas Überschüssiges, das er Punkt für Punkt vernachlässige und das nicht in den Ordnungen oder Neurosen der…

Unbelastet von den Beschuldigungen des Irrtums

Nach Descartes gibt es ja eine Instanz, die über jegliche Aussage hinausgeht, die ein Subjekt machen kann, und deswegen unbelastet bleibt von allen Beschuldigungen des Irrtums. Entsprechend die heutige Vorstellung von Demokratie mit einer Menschlichkeit als Basis, die durch die Verschiedenartigkeit der Bürger, die daran beteiligt sind, nicht verfälscht werden kann. Was diesen Bürger ausmacht,…

Verschwörungstherorien …

… betrachten die Welt wie eine Leinwand oder Gardine vor einer ungeheuren Wirklichkeit, die sich dahinter verbirgt. Der ultimative Einblick bleibt letztlich verwehrt. Immerhin bringen ihn Löcher, die in den Schutzschirm gestoßen werden, näher. Deswegen verstärken gerade die widersinnigsten Behauptungen, die das Gewebe der Wirklichkeit massiv einreißen, die Hoffnungen auf den Durchbruch. Das Verhalten ist…

Was “Geschlecht” wirklich ist – und warum es nur zwei davon gibt (die sich nicht vertragen)

Der Gender-Vormarsch sieht vieles richtig, nur eine Hauptsache, die ihm obendrein den Namen gibt, ist, wenn auch nicht 100%, so doch im entscheidenden Punkte verkehrt. Denn das Geschlecht ist nicht wie Klasse oder Rasse ein kultureller Oberton, der sozusagen mit der Mode geht, sondern eine unvergleichliche Weise, mit Welt und Leben fertig zu werden und…

Was ist denn dann “Geschlecht”?

Ich habe in der Auseinandersetzung mit J. Butlers Gender Trouble gefunden, dass “Geschlecht” nicht auf derselben Stufe wie “Rasse” oder “Klasse” stehen, sich deswegen nicht entwickeln kann, also eine kulturübergreifende Alterität ausmacht. Die aber worin besteht? Spontan fällt mir als Antwort ein: Im voneinander abweichenden Verhältnis zur Schokolade! Da gibt es eindeutig ein “weibliches” und…

Warum ich Nichtrauchern mißtraue

Ich rauche schon lange nicht mehr, würde mich deswegen aber nicht als Nichtraucher bezeichnen. Aufgehört habe ich mit dem Rauchen aus derselben Ursache, die meinen lebenslangen Abstand von Drogen bewirkte – Ekel vor Abhängigkeit. Die wenigen Erlebnisse, die ich in meiner Jugend mit Drogen hatte, waren dermaßen genussvoll, dass ich augenblicklich einen Riegel vorgeschoben hatte….

Taubheit gegenüber der Melodie der Triebe

Die Queer-Theorie ist vor allem der Ansicht, dass wir das Geschlecht dekonstruieren können. Alles nur Mache! “Die Koexistenz oder Überschneidung diskursiver Anweisungen”, schreibt Judith Butler in Das Unbehagen der Geschlechter, “bringt die Möglichkeit einer komplexen Rekonfiguration und Wiedereinsetzung hervor.” Der Alltag kann mit anderen Worten durcheinander geraten oder gewirbelt werden und findet sich wieder in…

Der blinde Flecken im Phantasma der LGBTQ-Heroen

Die subversiven Dekonstrukteur*innen des Geschlechterunterschieds und kritischen Stimmen im Hinblick auf die Stabilität sexueller Zweiteiligkeit unterstellen ausnahmslos, dass der Heterosexismus die Ergänzung von Mann und Frau in einer wechselseitigen Beziehung vorsieht. Was niemand, der die Traute hatte, sich darauf einzulassen, bestätigen wird. Die heterosexuelle Beziehung besteht gerade in der Unvereinbarkeit ihrer Bestandteile, einer vitalen Spannung,…

Warum hält Lacan Homosexualität für “pervers”?

Ich versuche mir immer mal wieder einen Reim auf die Lacansche Terminologie und das Gedankengebäude dahinter zu machen, etwa: dass die seelische Ordnung des Menschen entweder “hysterisch”, “obsessiv” oder “pervers” sein muss. Zur Veranschaulichung wird dann von Lacan noch gesagt, Frauen seien in der Regel “hysterisch”, Männer “obsessiv” und z. B. Homosexuelle “pervers” – weil…

objet a als Ungeheuer

Lacan hat den Begriff objet a geprägt für den Gegenstand eines endlosen Grundwollens. Das objet a ist Ausdruck für die Unvollständigkeit der Welt – etwas, das es nie gibt. Außer im Horror-Film, wo es verkörpert wird durch das Ungeheuer. Das Ungeheuer stellt etwas dar, dass es nicht gibt. Diese Widersprüchlichkeit macht es unheimlich. Der Begriff,…

Psychoanalyse | Wittgenstein

Die Psychoanalyse unterscheidet zwei Sprachspiele: Bewusstes und Unbewusstes. Sie ordnen z. T. selbe Gegenstände einander verschieden zu. Lacan setzt nur Verstand gleich mit Bedeutung. Die unterbrochen werden kann, indem unwissende Sprachspiele dieselben Gegenstände reklamieren. Für Wittgenstein ist dagegen jedes Sprachspiel gleich maßgebend, Bewusstsein also nur ein Sonderfall der Bedeutung. Wissen muss falsifizierbar, Verstand optimierbar sein,…

Freud | Lacan

Bei der Psychoanalyse geht es immer um Sex. Dabei weiß diese Lehre kaum etwas über Sex, könnte also keine Ratschläge geben. Vielmehr stellt sie fest, wie Sex zustande kommt, nämlich als etwas Überflüssiges, das den Menschen – nach Freud – sogar unmenschlich macht. Freud beobachtet, dass Sex aus dem besteht, was übers Ziel hinausschießt. Egal,…

Impfgegnerschaft & Geburtstrauma

Wenn ich die Beiträge jener, die gegen’s Impfen sind, in meinem Nachrichtenstrom nach etwas durchgehe, das sie gemeinsam haben, find’ ich im Regelfall eine starke Zurückweisung von, for lack of a better word, Abkühlung. Am meisten machen sie sich Sorgen über Persönlichkeit und sehen deren Entäußerung als lauter Missbrauch an. Sollten Impfgegnernde somit eingeordnet werden…

Sex

“Nichts ist abstoßender”, schreibt Davila, “als das, was der Dummkopf ‘eine harmonische und ausgeglichene sexuelle Aktivität’ nennt. Die hygienische und methodische Sexualität ist die einzige Perversion, die die Dämonen ebenso verabscheuen wie die Engel.” Was will der Philosoph uns damit sagen? Ich hole Freud zur Hilfe: “… man müsste sich, so befremdend das auch klingt,…

Das Begehren ist das Begehren des anderen …

Dieser Kernsatz Lacans könnte missverstanden werden im Sinne Girards: dass wir uns nur begeistern können für etwas, das andere möchten: indem sie darauf brennen, wird auch uns danach – so entstehen dann Konflikte usf. Nach Lacan ist uns  dabei jedoch mehr nach dem inneren Fiebern – von anderen. Wetteifernd, würden wir jemand sogar gewinnen lassen,…

Zentrale Gedichte des Traums der roten Kammer

Blüten fallen, wirbeln unendlich durch die Luft; Ihre Farbe verblasst, ihr Duft erstirbt. Wen schert’s? Die Fäden des Sommers umfangen das Gartenhaus, Weidenflocken legen sich auf den Bettvorhang. Einsam trauert das Mädchen dem schwindenden Frühling nach. Wer weiß denn, wie sie sich fühlt? Die Blumenhacke in den Händen, tritt sie vors Haus, Zögert, den Blütenflur…

Impfskepsis

Das Bewusstsein für die Unverletzlichkeit des Körpers ist ganz grundsätzlich gestiegen – mein ganzes Leben hindurch, wenn ich’s recht bedenke. Wir waren früher wesentlich leichtsinniger oder, würden wir inzwischen wohl sagen, “rücksichtsloser” in dieser Hinsicht. Heute gibt es kaum einen größeren Horror als die Vorstellung, jemand könnte an meinem Körper rummachen. Was ist schlimmer? (Die…

Die Mongolen an der Wiege der Aufklärung …

Ich lese gerade A. Komlosys Arbeit, darin die Autorin die These vertritt, dass der Mongolensturm die Europäer mit asiatischen Gütern bekannt gemacht und an ein Niveau gewöhnt hätte, das sie bisher nicht kannten. Nach Zusammenbrechen des Mongolenreichs seien die Europäer dann genötigt gewesen, die „asiatischen“ Produkte, an die sie sich gewöhnt hätten, selber herzustellen –…

Luxury Escape …

… heißt eine Freizeit-Gruppe, deren Anzeige heute früh in meinen FB-Nachrichtenstrom gespült wurde. Sie bieten unter anderem für 12.000 € einen Wochenurlaub auf einer Maldiven-Insel in einem 480 qm-Bungalow mit Schwimmbecken. Es steht auf Stelzen im Meer. Die aufgelisteten Angebote – schaden eigentlich alle der Gesundheit: Essen den ganzen Tag über, Alkohol, Bewegungsarmmut. Wer bucht…