Rassissmus

In seiner ÄSTHETIK (I 456-7) äußert sich Hegel über die Kunst der Ägypter:

Die Aufgaben bleiben ungelöst, und die Lösung, die wir geben können, besteht deshalb auch nur darin, die Rätsel der ägyptischen Kunst und ihrer symbolischen Werke als diese von den Ägyptern selbst unentzifferte Aufgabe aufzufassen.

Er macht mit anderen Worten keinen Unterschied zwischen sich oder uns und den Ägyptern, wenn es darum geht, ägyptische Kunst zu beurteilen. Alles andere, liegt in seinen Worten, ist Rassismus.

Zu verstehen wäre darunter dann, fremden Gruppen eine Unverfälschtheit zu unterstellen, die man selbst nie verspürt. Der Respekt vor östlicher Weisheit oder afrikanischer Animalität, des Eingeborenen-Bandes zur Natur – alles Äußerungen schweren Rassismus, da Harmonien in fremde Abstammungen gelesen werden, die einem selbst versagt sind.

Aber sie gehen allen Menschen ab, signalisiert Hegel. Genau das macht uns gleich. Die alten Ägypter haben keine Geheimnisse vor uns, indem sie wie wir und alle Menschen von etwas verwirrt sein können. Verstehen wir etwa alles, was uns täglich an Architektur oder Kunst umgibt?

Worauf Hegel hinaus will, erhellt aus dem Zentral-Satz seiner Philosophie: „Es kömmt nach meiner Einsicht, welche sich durch die Darstellung des Systems selbst rechtfertigen muß, alles darauf an, das Wahre nicht als Substanz, sondern ebensosehr als Subjekt aufzufassen und auszudrücken.“

Es ist wahr, soll das wohl heißen, dass vieles der Fall ist, deswegen aber genau so vieles auch nicht. Substanz meint das Unerschütterliche, Subjekt die Be|Denken, daher Zweifel, Unsicherheit usf.

Der überkommene Rassismus unterstellt dem Fremden Substanz, aber keine Subjektivität; er kann, so gesehen, nie entfremdet sein, sondern bleibt Kreatur. Die Verwesentlichung träumt eine Ganzheit ins rassisch andere, die man an sich vermisst; man stellt sich vor, wie der andere in etwas schwelgt, das einem versagt bleibt. Der Rassist spürt, woran es ihm mangelt, erkennt dasselbe Gebrechen aber nicht im anderen, den er folglich überschätzt und beneidet.