Hegels Rezension über Hamann

Der Original-Text ist hier zu finden.

Hegels Artikel handelt von der Wertschätzung, die das Publikum für die Herausgabe von Hamanns Werken durch einen engagierten Herausgeber empfinden sollte. Früher waren Hamanns Werke schwer zugänglich und nur wenige besaßen eine vollständige Sammlung. Einige Personen, darunter Goethe, hatten erwogen, Hamanns Werke herauszugeben, aber niemand hatte es tatsächlich getan. Schließlich nahm der Herausgeber, der mit einem der engen Freunde Hamanns verbunden war, die Aufgabe in die Hand.

Dank dieser Herausgabe sind die Leser nun in der Lage, tief in Hamanns Werke einzutauchen. Hamanns Schriften waren bekanntermaßen rätselhaft, und es gibt eine Erwartung nach Erläuterungen, die das Verständnis erleichtern könnten. Allerdings wird im Artikel darauf hingewiesen, dass das Rätselhafte möglicherweise einen Teil von Hamanns Schreibstil und Individualität ausmacht.

Der Artikel gibt außerdem einen Einblick in Hamanns Zeit und Umfeld. Hamann lebte in einer Zeit, in der das kritische und unabhängige Denken in Deutschland aufkam. Allerdings wird betont, dass es Unterschiede zwischen dem französischen und deutschen Aufklärungsprozess gab. Während in Frankreich die Aufklärung von geistreichem Witz und Originalität geprägt war, war sie in Deutschland eher trocken und methodisch. Trotzdem wurden beide Bewegungen durch das Streben nach geistiger Freiheit angetrieben.

Johann Georg Hamann war eine unverwechselbare Persönlichkeit und stand im Gegensatz zu den üblichen Gelehrten der Aufklärung. Hamann war bekannt für seine tiefsinnige christliche Orthodoxie, die sich jedoch von der starren Theologie seiner Zeit abhob, da er seine Gedanken frei und kreativ ausdrückte. Er stand Kant und Hippel nahe, doch obwohl er ihre Gesellschaft schätzte, teilte er nicht ihre intellektuellen Interessen. Hamanns Schriften waren einzigartig in der Art, wie seine Persönlichkeit durch sie hindurchschimmerte, wodurch der Inhalt oft in den Hintergrund trat.

Er schrieb in einem eigenwilligen Stil, seine Texte waren oft schwer verständlich und wirkten rätselhaft. Hamann schrieb eine Autobiographie, die erst posthum veröffentlicht wurde und die Einblicke in seinen Denkprozess und seine Persönlichkeit bietet. In dieser Autobiographie beschrieb er auch eine kritische Phase in seinem Leben, als er sich in London in einer emotionalen Krise befand, die ihn dazu brachte, sich intensiv mit der Bibel auseinanderzusetzen und über sein Leben nachzudenken. Er war selbstkritisch und reflektierte über seine vergangenen Fehler und die Art und Weise, wie er sein Leben gelebt hatte.

In seiner Jugend wurde Hamann in Sprachen, Musik, Tanz und Malerei gefördert. Er kritisierte jedoch die Erziehung seiner Zeit, besonders den Mangel an Unterricht in Geschichte, Geographie und Dichtkunst, und empfand, dass ihm eine umfassendere Bildung gefehlt hat. Sein eigenwilliger Stil und die Schwierigkeit, seine Gedanken klar auszudrücken, werden teilweise auf seine Erziehung, aber auch auf seine persönliche Eigenart zurückgeführt.

Er wird durch Hegel als jemand dargestellt, der sich stark von der Berliner Aufklärung und ihren Vertretern unterscheidet, insbesondere durch seine tiefe christliche Orthodoxie. Trotz seiner engen Beziehungen zu anderen bedeutenden Denkern seiner Zeit, wie Immanuel Kant und Theodor Gottlieb von Hippel, wird betont, dass er nicht die gleichen Interessen teilt und sich von ihnen durch seine Ablehnung der „denkenden Vernunft“ unterscheidet.

Hamanns Schreibstil wird als sehr persönlich und eigenwillig beschrieben, wobei der Fokus mehr auf seiner Persönlichkeit als auf dem eigentlichen Inhalt seiner Werke liegt. Seine Schriften werden als rätselhaft und ermüdend beschrieben, wobei seine Individualität als Schlüssel zur Lösung dieses Rätsels gesehen wird.

Der Text erwähnt auch zwei bisher unveröffentlichte Werke Hamanns, die einen tieferen Einblick in seine Persönlichkeit und sein Denken geben: eine Autobiographie, die er zwischen 1758 und 1759 verfasst hat, und ein Überblick über seine gesamte Autorschaft, den er am Ende seines Lebens geschrieben hat.

Johann Georg Hamann, geboren am 27. August 1730 in Königsberg, war der Sohn eines wohlhabenden Baders. Er hatte eine enge Beziehung zu seinen Eltern und wuchs in einem Haus auf, das oft von jungen Studierenden besucht wurde. Hamann lernte verschiedene Sprachen und Künste, obwohl seine formale Bildung in einigen Bereichen, wie Geschichte und Geographie, mangelhaft war.

Hamanns Schulzeit war geprägt von einer Überflutung mit Informationen, die er oft nicht vollständig verstand oder verarbeiten konnte. Dies führte zu einer Art Sucht, immer mehr Wissen anzuhäufen, ohne es wirklich zu verarbeiten oder zu verstehen. Dieses Verhalten setzte sich in seinem späteren Leben fort.

Nach der Schule sollte Hamann Theologie studieren, doch er fand mehr Interesse an den „schönen Wissenschaften“ wie Poesie, Literatur und Philologie. Er studierte Jura, jedoch ohne wirkliche Absicht, Jurist zu werden. Stattdessen sah er das Studium als eine Möglichkeit, seine Leidenschaft für das Lernen und die Wissenschaften zu verfolgen.

Hamann nahm verschiedene Stellen als Hauslehrer an, doch seine ungesellige Art und seine Neigung, sich in die Angelegenheiten anderer einzumischen, führten oft zu Konflikten. Er hatte eine enge Freundschaft mit einem Mitglied der Familie Berens aus Riga, doch auch diese Beziehung war von Missverständnissen und Konflikten geprägt.

Insgesamt zeichnet Hegels Text das Bild eines Mannes mit einer tiefen Liebe zum Lernen und einer starken individuellen Persönlichkeit, der jedoch oft Schwierigkeiten hatte, mit anderen Menschen auszukommen und seine eigenen Gefühle und Gedanken zu ordnen.

Johann Georg Hamann kehrte kurzzeitig zu einer Hauslehrerstelle in Kurland zurück, die er zuvor innegehabt hatte. Allerdings verließ er diese Position bald wieder, um seine sterbende Mutter zu besuchen und eine engere Verbindung mit der Familie Berens in Riga einzugehen. Hamann sollte auf Kosten der Familie Berens eine Reise unternehmen, um sich weiterzubilden und mit mehr Ansehen in ihr Haus zurückzukehren.

Nach dem Tod seiner Mutter begann Hamann seine Reise nach London. Auf dem Weg dorthin machte er Bekanntschaften und verbrachte den Winter bei Verwandten in Lübeck. In Amsterdam fühlte er sich isoliert und unverstanden, was er als Zeichen dafür deutete, dass er Gott aus den Augen verloren hatte. In London wurde er von einem Engländer betrogen, dem er vertraut hatte, weil er ihn betend vorgefunden hatte.

In London angekommen, fand Hamann wenig Unterstützung für seine Geschäftsinteressen und fühlte sich zunehmend isoliert. Er verbrachte ein Jahr ohne klare Richtung oder Zweck und zog schließlich in ein Kaffeehaus, um Gesellschaft zu suchen und möglicherweise geschäftliche Kontakte zu knüpfen. In dieser Zeit lebte er in äußerster Armut und ernährte sich hauptsächlich von Wassergrütze und Kaffee.

In dieser schwierigen Zeit begann Hamann, die Bibel zu lesen, was in ihm tiefe Reue und Zerknirschung hervorrief. Er erkannte seine eigenen Vergehen und fand Trost und Beruhigung in seinem Glauben. Dies half ihm auch, die Last seiner Schulden zu tragen, die er während seiner Zeit in London angehäuft hatte. Er vertraute darauf, dass Gott die Folgen seiner Sünden auf sich nehmen würde.

In dieser beruhigten Stimmung schrieb Hamann eine detaillierte Schilderung seines Lebens und seiner inneren Erfahrungen, die er bis Ende April 1758 fortsetzte.

Nachdem Johann Georg Hamann Briefe aus seiner Heimat und aus Riga erhalten hatte, entschied er sich, nach Riga zurückzukehren. Dort wurde er im Juli 1758 von der Familie Berens, mit der er eng verbunden war, herzlich empfangen. Er blieb in ihrem Haus und seine Aufgaben bestanden hauptsächlich im Briefwechsel mit einem der Brüder Berens und im Unterrichten der ältesten Tochter der Familie.

Im Dezember 1758 entschied Hamann nach einer schlaflosen Nacht, in der er über sein Leben nachgedacht hatte, zu heiraten. Er plante, eine Schwester der Brüder Berens zu heiraten, und nachdem er die Zustimmung seines Vaters erhalten hatte, teilte er seinen Plan den Brüdern Berens und ihrer Schwester mit. Am letzten Tag des Jahres 1758 gab es jedoch heftige Auseinandersetzungen zwischen Hamann und einem der Brüder, was Hamann tief bewegte.

Im Januar 1759 schrieb Hamann in einem Brief an seinen Vater von seiner Hoffnung, die Zustimmung des ältesten Bruders Berens zur Heirat zu erhalten. Doch die Korrespondenz bricht hier ab und der nächste Brief, datiert auf den 9. März, ist aus Königsberg. Aus diesem geht hervor, dass Hamann Riga verlassen hat und alle Verbindungen zum Haus Berens abgebrochen sind.

In der folgenden Zeit gab es viele Konflikte und Streitigkeiten zwischen Hamann und den Brüdern Berens. Beide Seiten versuchten, den anderen zur Sinnesänderung zu bewegen. Hamann bestand jedoch auf seiner religiösen Überzeugung und seiner Unabhängigkeit. Er wehrte alle Versuche der Brüder ab, ihn zu einem „normalen“ Leben zu drängen, und forderte stattdessen von ihnen Buße und Bekehrung.

Trotz aller Konflikte blieb das Band der Freundschaft zwischen Hamann und den Brüdern Berens bestehen. Hamanns Freunde, darunter auch der Philosoph Immanuel Kant, versuchten, das zerbrochene Verhältnis zu kitten. Doch Hamann lehnte ihre Vermittlungsversuche ab und äußerte sich in seinen Briefen oft sarkastisch und humorvoll über ihre Bemühungen.

Johann Georg Hamann, der sich den Vorwürfen seiner Freunde wegen seines früheren Verhaltens und seiner gegenwärtigen Ziellosigkeit gegenübersieht, reagiert darauf, indem er seine Fehler eingesteht und sich als größten Sünder bezeichnet. Er sieht Trost in der Erlösung und ist stolz auf seine Vergangenheit, die ihn zu dem gemacht hat, was er ist.

Hamann lebte nach seiner Rückkehr aus Riga bei seinem Vater und betonte, dass er nicht dazu bestimmt sei, ein Staatsmann, Kaufmann oder Weltmann zu sein. Er war dankbar für die Ruhe, die ihm Gott gab, und sah seine Aufgabe darin, die Bibel zu lesen und zu beten.

In Bezug auf seine Schulden gegenüber der Familie Berens schlug er vor, seinen Leichnam als Pfand zu hinterlassen, falls er sterben sollte. Ein Jahr später wurde ihm jedoch mitgeteilt, dass sein Abschied aus dem Haus Berens als Tilgung aller Schulden angesehen werden solle.

Hamanns Hauptstrategie im Umgang mit seinen Freunden war es, den Angriff auf sie umzukehren und sie zur Selbsterkenntnis zu drängen. Er behauptete, dass er von Gott dazu bestimmt sei, seinen Freunden dabei zu helfen, sich selbst zu erkennen.

Trotz seiner Bemühungen konnte Hamann jedoch keinen Konsens mit seinen Freunden erzielen. Er begann, seine Gedanken und Überzeugungen in schriftlicher Form auszudrücken, was schließlich zur Veröffentlichung der „Sokratischen Denkwürdigkeiten“ führte. In diesem Werk versuchte Hamann, seine Position als jemand darzustellen, der unwissend ist und seine Unwissenheit nutzt, um andere zur Selbsterkenntnis zu führen.

Johann Georg Hamann argumentiert, dass aus der „sokratischen Unwissenheit“ die Besonderheiten von Sokrates‘ Lehr- und Denkweise resultieren. Er stellt dar, dass es natürlich sei, dass Sokrates ständig Fragen stellte, um klüger zu werden, und dass er jede Meinung als wahr annahm, ohne sie ernsthaft zu hinterfragen. Hamann zieht Parallelen zwischen sich selbst und Sokrates, insbesondere in Bezug auf den Stil und die Art und Weise, wie sie ihre Gedanken ausdrücken.

Hamann betont, dass Sokrates auf die gegen ihn erhobenen Anklagen mit Ernsthaftigkeit, Mut, Stolz und Gleichgültigkeit reagierte, was ihn eher wie einen Befehlshaber seiner Richter als einen Angeklagten erscheinen ließ. Er hebt hervor, dass Sokrates‘ freiwillige Armut und sein Schicksal, verspottet und verachtet zu werden, Zeichen seiner göttlichen Sendung waren.

Hamanns Schriften, obwohl sie einen objektiven Inhalt zu haben scheinen, sind stark von seiner persönlichen Perspektive und seinem Interesse geprägt. Er erweitert das Konzept des christlichen Glaubens auf die sinnliche Gewissheit unserer eigenen Existenz und der Existenz aller Dinge, was er auch als eine Form des Glaubens bezeichnet. Diese Erweiterung des Glaubensprinzips wurde von Jacobi in seiner Philosophie übernommen.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Hamann in seinen Schriften Parallelen zwischen sich selbst und Sokrates zieht und das Konzept des Glaubens erweitert, um sowohl religiöse Überzeugungen als auch die sinnliche Gewissheit unserer eigenen Existenz und der Existenz aller Dinge einzuschließen.