Blondel über die Entstehung von Begriffen | Motiven

Das intellektuelle Licht trägt auf diese Weise die vitale Kraft in sich und benutzt diese. Das Motiv ist tatsächlich nur der Niederschlag und die Synthese von tausend lautlosen Aktivitäten; gerade dies ist der Grund seiner natürlichen Wirkkraft. Es tritt nicht plötzlich in Erscheinung, sozusagen aus heiterem Himmel und spontan hervorgebracht. Es ist von einer Menge elementarer Neigungen delegiert worden, wird von ihnen unterstützt und vorangetrieben; es geht aus entfernteren und generelleren Ursachen hervor. Das Motiv bildet den Abschluss eines ganzen vorausgegangenen Systems und dient als Zwischenglied zwischen den ständigen Dispositionen und den einzelnen Umständen, die es veranlassen. Im Augenblick seiner Geburt besitzt es die Blüte des neuen, eine frische und eine bezaubernde Anmut, weil es ganze Akt ist, im Verborgenen angeregt und gleichsam durchdrungen von den fruchtbaren Energien, deren erste Vollendung und lebendiger Erläuterung es ist. Sein wirkungsvoller Reiz rührt also von dem her, was es ausdrückt, und repräsentiert das, was es bewegt. Die Wirkungskraft, durch die es für das Bewusstsein aufbricht, ist auch genau die, die es dazu befähigt, auf die unbewussten Kräfte einzuwirken, aus denen es entspringt. Diese natürliche Magie, die dem Instinkt des Tieres und dem Traumbild des Nachtwandlers ihre überlegene Faszination verleiht, belebt ebenfalls die abstrakteste Idee mit einem Gefühl, ohne das sie reglos bliebe. 

L‘ Action S. 173

Eine Unzahl grosser und kleiner, innerer und äusserer Beweggründe treffen in uns zusammen, deren man sich meistentheils nicht bewusst wird, und ich habe schon gesagt, dass bei dem Verlassen eines Zimmers selbst Gründe uns bestimmen, mit einem bestimmten Fusse vorauszugehen, ohne dass wir darauf achten. Denn es giebt nicht überall einen Sclaven, wie in dem Hause des Trimalchio bei Petronius, welcher uns zuruft: Mit dem rechten Fusse voran. Alles von mir Gesagte stimmt auch vollständig mit den Lehren der Philosophen, wonach eine Ursache ohne Geneigtheit zur Thätigkeit, nicht wirken kann; diese Neigung ist es, welche eine Vorherbestimmung enthält, mag der Handelnde sie von aussen empfangen haben oder in Folge dessen, was er selbst vorher gethan hat.

Leibniz Theodizee 46