Toxische Männlichkeit

Wie sieht eigentlich eine gelungene Männer-Biografie aus heutzutage? An welchem Vorbild könnte sich ein junger Mann –  etwa ab 15 Jahren – orientieren?

Spontan fallen einem im heterosexuellen Bereich nur Negativ-Beispiele ein. Positiv besetzt ist da eher die gleichgeschlechtliche Partnerschaft. Sie bietet einen attraktiven Weg aus der Sinnkrise und dürfte auch deswegen immer häufiger werden.

„Toxisch“ meint im Grunde heterosexuelle, unerhörte Männlichkeit. Toxische Männer versuchen, etwas zu beweisen, sind sich ihrer Sache nicht sicher. Sie stehen nicht ganz auf eigenen Beinen.

Der toxischen Männlichkeit liegt eine unbewusste Verschwörung zugrunde zwischen Mutter und Sohn. Er bleibt ewig der kleine Junge, das Wickelkind im Verhältnis zu Frauen. Ein Junge, der nicht von seiner Mutter getrennt wird, wird nie erwachsen.

Auch die Tochter muss sich aus der Verstrickung mit der Mutter lösen, behält aber in ihr ein Vorbild, auch wenn sie es hasst, das ihr zumindest Identität verleiht. Der Junge kann im Verhältnis zu seiner Mutter keine Identität gewinnen.

Andere Vorbilder stehen immer weniger zur Verfügung. Es gibt nichts, worauf man stolz sein könnte – das es sich lohnte, anzustreben. Eine Karriere ist nicht in Sicht.

Wie hat es so weit kommen können? Ich denke, es verdankt sich der Dynamik des Kapitalismus – in Kombination der Erfindung der Geburtenkontrolle. Seitdem können und müssen auch Frauen sich auf dem Arbeitsmarkt behaupten und konkurrieren mit den Männern um dieselben Karrieren. Das hat das heterosexuelle Verhältnis umgestimmt, bisher unbekannte Rollen ins Spiel gebracht, die noch nicht gefestigt sind.

Die überkommene Rolle, welche dem Mann Identität verlieh, verdankte sich viel seiner überlegenen Körperkraft. Diese verliert an Bedeutung, indem Frauen, selbst Kinder körperlich genauso viel bewegen können wie ein erwachsener Mann – mit der Hilfe von Maschinen.

Emanzipation und Gleichberechtigung sind eine Frucht des in fossilen Brennstoffen aufgespeicherten Sonnenlichts, das jedes Individuum mit derselben Kraft ausstattet. Solange sie allen zur Verfügung steht, sind wir gleichberechtigt.

Die Frauen sind weniger angewiesen auf die Männer als in der Vorzeit. Männern ist nicht mehr so klar, was dann noch ihre Rolle sein könnte.  Verändern könnte sich das Verhältnis wieder, wenn weniger Energie pro Kopf zur Verfügung stünde.